Invitational Vintage and Framer Flat Track Meeting at VR46 MotorRanch

Wer die VR46 Motor Ranch betritt, betritt heiligen Boden. Normalerweise ist der Zugang den Piloten von Valentino Rossis Riders Academy vorbehalten – doch an diesem Wochenende öffneten sich die Tore für ein einmaliges Invitational Flat Track Meeting. Zwischen Vintage-Maschinen, selbstgebauten Framern und internationalen Fahrern aus halb Europa standen zwei US-Ikonen im Mittelpunkt: 9-maliger Grand National Champion Scott Parker und der legendäre Harley-Davidson Race-Team-Chef Bill Werner, das erfolgreichste Team in der amerikanischen Flat-Track-Geschichte. Organisiert von Milanesi Alessandro Rossi und Martin Hüning von Krowdrace Flat Track Events konnten 65 Fahrer aus 10 europäischen Ländern nicht widerstehen und fuhren zu diesem exklusiven einmaligen Event an den berüchtigten Ort.

Mit seiner „VR46 Motor Ranch“ hat sich Valentino „The Doctor“ Rossi nicht nur den Traum einer eigenen Spielwiese erfüllt, sondern mit der „VR46 Riders Academy“ auch eine exklusive Ausbildungsstätte geschaffen, auf der er junge italienische Motorrad-Talente fördert und Fahrer seines „Mooney VR46 Racing Teams“ für den MotoGP- und Moto2-Rennzirkus aufbaut und trainiert.

These brilliant photos were shot by italian Christian Fussi, so give him a follow and watch out for next events Krowdrace is planning.

Nur wenige Kilometer vom VR46-Heimatort Tavullia in den Marken, nahe Pesaro, entfernt – in dem so gut wie alles in VR46-Gelb getüncht ist – kann das hügelige Motor-Ranch-Gelände zwar aus der Ferne von jedermann eingesehen werden, allerdings ist die Zufahrt über einen kleinen Feldweg durch einen mit unzähligen Fan-Aufklebern gesäumten Schlagbaum samt Videoüberwachung unmöglich. Die Pilgerstätte zum Greifen nah, und doch unerreichbar.

Seit einigen Jahren lädt Senior Rossi mit seiner Academy zum „100 Kilometri dei Campioni“ ein – einem inoffiziellen Flat-Track-Spaßrennen mit rund 50 Fahrerinnen und Fahrern aus MotoGP, Moto2, Superbike und der VR46 Academy. Dabei müssen die zusammengewürfelten Zweier-Teams gut 50 Runden absolvieren (mit Fahrerwechsel alle fünf Runden), um die 100 Kilometer zu schaffen. Neben den eingeladenen Fahrern samt Freunden und Familie sind lediglich Sponsorenvertreter und ausgewählte Medien vor Ort, und nur Abonnenten des italienischen Ablegers von Sky Sport können ihre Motorradhelden beim gepflegten Drift online verfolgen. So hat sich die Motor Ranch in der europäischen Flat-Track-Szene zu einem heiligen Ort entwickelt, auf dem jeder Flat Tracker der Welt gerne einmal ein paar Runden drehen würde – wenn er nur dürfte.

Glücklicherweise ist die in den letzten Jahren in Europa gewachsene Flat-Track-Szene sehr gut vernetzt, und die jeweiligen nationalen Veranstalter sind freundschaftlich und hilfsbereit miteinander verbunden. Mit unserer deutschlandweiten Krowdrace-Serie haben mein Sportsfreund Martin Hüning und ich in den vergangenen Jahren diesen Motorsport auch hierzulande etabliert und mit unseren Trainings- und Rennveranstaltungen eine lebendige Gemeinschaft aufgebaut, die insbesondere in den verschiedenen Vintage-Klassen die wohl ansehnlichste und größte Teilnehmerschaft Europas vorweisen konnte.

Das wusste natürlich auch unser Mailänder Kollege und Freund Alessandro Rossi, als er im vergangenen Winter höchst euphorisch bei Martin anrief und von einem möglichen Traum-Event auf der VR46 Motor Ranch berichtete. Er bat um Hilfe bei der Zusammenstellung und Organisation dieses Once-in-a-Lifetime-Events. Wie und mit welchen Mitteln es Alessandro geschafft hatte, das Gelände zu mieten, bleibt uns ein Rätsel – sicherlich hat dabei aber auch sein Nachname keine unwichtige Rolle gespielt.

In den darauffolgenden Wochen wurde zügig am Refinanzierungsplan des exklusiven Mietobjekts gearbeitet, ein Event-Ablauf definiert und geeignete Vintage- und Framer-Fahrer von Martin eingeladen. Auf ein technisches Reglement verzichtete man bewusst, kannte man doch die jeweiligen Fahrer und ihre Maschinen. Zugelassen waren Vintage-Bikes bis ca. Baujahr 1980 und sogenannte „Framer“ – reine Renngeräte mit leichten Flat-Track-Sonderrahmen. Ähnlich wie beim „100 Kilometri dei Campioni“ sollte es ein entspannter Mix aus Training und Rennen unter Freunden werden, die die Exklusivität des Events zu schätzen wussten und bereit waren, die nicht unerhebliche Teilnahmegebühr zu zahlen. Die Nachricht vom geplanten „Invitational Flat Track Meeting“ verbreitete sich schnell in der Szene, und die maximale Teilnehmerzahl von 65 Startern war innerhalb weniger Tage erreicht. Von England bis Spanien kündigten sich reisefreudige Flat Tracker an und zeigten sich in den sozialen Medien so aufgeregt wie kleine Rennfahrer vor ihrem ersten Start.

Die Euphorie wurde zusätzlich durch unsere VIP-Gäste aus den USA befeuert, zu denen wir gute Kontakte pflegen: Scott Parker, neunmaliger Grand National Champion (GNC) der American Motorcycle Association (AMA), der zwischen 1988 und 1998 mit unerreichten 94 Rennerfolgen seinen Platz in der Motorsports Hall of Fame mehr als verdient hatte, reiste mit seinem Sohn Austin an. Er brachte seinen langjährigen Harley-Davidson-Werksmechaniker und Erfolgstuner Bill Werner mit – ein zweifacher Hall of Famer, der zusammen mit Parker, Gary Scott und Jay Springsteen insgesamt 13 Grand-National-Meisterschaften und über 150 Siege errang. Das Duo Parker–Werner gilt in der amerikanischen Flat-Track-Geschichte als erfolgreichstes Team aller Zeiten, und so war es für uns eine besondere Freude, diese mittlerweile 63- und 81-jährigen Haudegen zu begrüßen und ihren zahlreichen Geschichten aus der Blütezeit unseres Sports zu lauschen.

Die beiden Helden hatten größten Spaß, bei bestem Wetter und lockerer Benzinstimmung aus ihrem reichen Erfahrungsschatz zu plaudern. Parker gab bereitwillig Fahr-Tipps und Autogramme und zeigte selbst – auf einer vom Vater-Sohn-Duo Philippe und Antonin Bergeron aus Lyon bereitgestellten, waschechten XG 750 (Ex-Chad-Cose-Bike) – dass er es noch immer draufhat, obwohl er in den letzten Jahren nur wenige Runden gefahren war. Bill Werner sprudelte vor technischen Details zu sämtlichen Harleys, die an diesem Wochenende zur Motor Ranch gebracht wurden – was gibt es Besseres, als fachkundige Hilfe aus erster Hand für die eigene Harley zu bekommen?

Nach der Fahrerbesprechung am Morgen nahmen alle Teilnehmer ihre vorbereiteten Transponder entgegen und befestigten sie an ihren Maschinen. Es war purer Luxus – und großer Spaß –, direkt nach jedem Turn die gefahrenen Rundenzeiten an den beiden Monitoren auf der Ranch-Veranda zu verfolgen und sich mit den Konkurrenten verbal zu messen. Leider stand uns Hobbyfahrern an diesem Wochenende nicht die Physio-Betreuung zur Verfügung, die normalerweise den Fahrern der VR46-Kaderschmiede geboten wird. Aber es ging auch ohne – gerade so.

Gefahren wurde auf zwei ineinander liegenden Ovals – zunächst auf der kleineren Strecke mit knapp 300 Metern Länge. Besonders imposant an beiden Rundkursen ist der Höhenunterschied zwischen den jeweiligen Kurven, liegen die Sandbahnen doch direkt an einem Hang. Auf Fotos ist das kaum zu erkennen, doch in den ersten Runden – insbesondere auf älteren Maschinen ohne jegliche Bremse wie meiner 1953er Harley KK 750 – ist es durchaus tricky, den Berg hinunter und mit Schwung in die untere Kurve hineinzurutschen, ohne im angrenzenden Gebüsch zu landen. Nach ein paar respektvollen Einführungsrunden hat man den Dreh schnell raus – und es macht richtig Spaß, auf einer eher unüblichen ‘Bergrennstrecke’ zu driften.

Neben den bereits erwähnten Harley-Modellen KK und XG waren auch einige XR, KR sowie Maschinen mit Harley-Davidson-Aufklebern aus der Ron-Wood-Schmiede mit den in den 1990er-Jahren erfolgreichen Rotax-Motoren am Start – sehr zur Freude von Bill Werner. Ebenfalls zu sehen waren einige schöne Triumph-Flat-Tracker in Trackmaster-Rahmen, Yamahas in Champion-Rahmen, Eigenbau-Hondas, Ducatis, BSAs und weitere historische Rennmaschinen vergangener Jahrzehnte. Auf der größeren, etwa 500 Meter langen Bahn fuhr unser holländischer Freund Bart Verstijnen auf einer selbstgebauten Honda XL 600 mit 22,432 Sekunden die schnellste Rundenzeit des Tages, dicht gefolgt vom italienischen Heißsporn Sami Panseri auf HD Wood–Rotax. Die beiden hatten sich schon bei früheren Krowdrace-Events spannende Duelle geliefert.

Ein weiterer Italiener, Jacopo Monti, war nur eine halbe Sekunde langsamer und belegte Platz drei, noch vor dem Briten Freddy Trott und dem Niederländer Richard Japin. Scott Parker schaffte mit geliehener Ausrüstung und fremder XG 750 bemerkenswerterweise die elftschnellste Zeit – mit nur 1,2 Sekunden Rückstand. Standfeste Fahrer und Maschinen spulten an diesem heißen Maitag knapp 100 Runden ab und verfeinerten ihren Berg-Drift-Stil, bevor es am Abend im kleinen Hall-of-Fame-Zimmer der Ranch – mit unzähligen Fotos und Autogrammkarten an den Wänden – eine Siegerehrung und zwei Ehrenpreise für unsere Flat-Track-Helden aus Michigan und Wisconsin gab. Natürlich durfte ein leckeres Buffet nicht fehlen, wie schon in der Mittagspause.

Alles in allem war dieses Once-in-a-Lifetime-Event nicht nur ein großes Erlebnis für jeden einzelnen Fahrer, sondern auch ein Fest für die Seele all jener, die den Flat-Track-Sport lieben. Die Mischung aus internationalem Flair, technischer Vielfalt, sportlichem Ehrgeiz und familiärer Atmosphäre machte den Tag auf der VR46 Motor Ranch zu einer Erinnerung, die man so schnell nicht vergisst. Dass alles ohne Stürze und Verletzungen über die Bühne ging, war das i-Tüpfelchen. Und wer das Glück hatte, dabei gewesen zu sein, weiß: Solche Gelegenheiten kommen vielleicht nur einmal im Leben – und genau deshalb genießt man jede einzelne Runde, jeden Drift und jeden Schulterklopfer doppelt.

 

No Comments

Leave a Reply

BRUMMM M.C.

BRUMMM is a printed platform for unique motorious photography.
212 pages, 24 x 30cm, bi-lingual in english and german.

If you have feedback to our book or an interesting photo story you would like to publish in BRUMMM, please let us know.

Join our Newsletter!

» translate »